Seume

Seume
Seume,
 
Johann Gottfried, Schriftsteller, * Poserna (Landkreis Weißenfels) 29. 1. 1763, ✝ Teplitz 13. 6. 1810. Nach dem frühen Tod des Vaters, eines verarmten Bauern, ermöglichte ihm Peter Graf von Hohenthal (* 1726, ✝ 1794) den Besuch des Gymnasiums und der Universität in Leipzig mit der Verpflichtung, Pfarrer zu werden. Schon 1781 floh Seume jedoch aus der Stadt; auf dem Weg nach Paris wurde er von hessischen Werbern aufgegriffen und mit den von Landgraf Friedrich II. an Großbritannien verdingten Soldaten nach Amerika verschifft. 1784 auf der Rückreise desertiert, fiel er preußischen Werbern in die Hände; nach vergeblichen Fluchtversuchen erhielt er Urlaub gegen Kaution. 1787 Privatlehrer in Leipzig, daneben Übersetzer aus dem Englischen. 1789-92 juristisches und philologisches Studium (1792 Habilitation). 1793 Sekretär eines russischen Generals in Warschau; bei der polnischen Revolution russischer Leutnant. 1796 als Sprachlehrer wieder in Leipzig, ab 1797 Korrektor in Grimma bei der Göschen'schen Verlagsbuchhandlung. 1801/02 reiste er, meist zu Fuß, bis nach Sizilien; literarisches Ergebnis war der berühmte »Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802« (1803), eine lebendige Reisebeschreibung in Form fiktiver Briefe. 1805 reiste er nach Russland, Finnland und Schweden, seinen Lebensunterhalt verdiente er als Hauslehrer. Seumes Autobiographie blieb unvollendet, erst 1813 erschien »Mein Leben« mit Ergänzungen von Christian August Hinrich Clodius (* 1772, ✝ 1836). Postum erschienen auch die von Seume unter dem Titel »Apokryphen« (1811) gesammelten Reflexionen und Aphorismen, die er wegen ihrer politischen Brisanz nicht veröffentlichen konnte. Seumes kulturhistorisch bedeutende Memoiren und Reiseberichte sind in klarer und sachlicher Prosa abgefasst und stellen die sozialen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Verhältnisse der jeweiligen Länder vor. Er steht in der Tradition der deutschen Spätaufklärung und war Vorläufer von C. Sealsfield und F. Gerstäcker. Seume schrieb auch Gedichte sowie die klassizistische Tragödie »Miltiades« (1808).
 
Weitere Werke: Einige Nachrichten über die Vorfälle in Polen im Jahre 1794 (1796); Obolen, 2 Bände (1796-98); Gedichte (1801); Mein Sommer 1805 (1806); Ein Nachlaß moralisch-religiösen Inhalts (1811).
 
Ausgaben: Prosaschriften (Neuausgabe 1974); Werke, herausgegeben von A. Klingenberg u. a., 2 Bände (51990).
 
 
Wo man aufgehört hat zu handeln, fängt man gewöhnlich an zu schreiben. J. G. S. in seiner Zeit, hg. v. J. Drews (1991).
 

Universal-Lexikon. 2012.

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